WAZ 15.04.2016
Seit Ende Oktober bietet die Volksbank Ruhr Mitte gemeinnützigen Initiativen und Vereinen die Gelegenheit zum „Crowdfunding“. So funktioniert es:
Anne Bolsmann
Ein neues Klettergerüst für den Kindergarten, mehr Bälle für den Fußballverein oder endlich eigene Notenständer für den Laienchor: Es gibt viele solcher Wunschlisten in der Stadt, aber die Umsetzung scheitert meistens daran, dass das Geld dafür fehlt. An diesem Punkt kann das so genannte „Crowdfunding“ helfen – denn wer für seine Idee 1000 Leute findet, die alle einen Euro spenden, hat schnell 100 Euro zusammen.
Der bürokratische Aufwand ist dabei allerdings immens: Die gute Idee will zunächst richtig beworben werden, dann muss ein Spendenkonto (oder eine Sammelbox) her und jemand, der den Überblick behält darüber, wer wann was gespendet hat. Denn auch das ist ein ungeschriebenes Gesetz beim „Crowdfunding“, was übersetzt so viel wie „Finanzierung durch eine Gruppe“ heißt: Wenn ein Projekt doch nicht zustande kommt, weil das Spendenziel nicht erreicht wurde, dann erhalten die Spender ihren Beitrag zurück – und das klappt natürlich nur mit einer guten Buchhaltung.
„Viele schaffen mehr!“
In Zeiten knapper Kassen sprießen die „Crowdfunding-P1attformen“ im deutschen Raum wie Pilze aus dem Boden; Die Internetseite crowdfunding.de listet Internetseiten speziell für Kulturschaffende, Naturschützer oder Autoren. Seit Ende Oktober 2015 bietet auch die Volksbank Ruhr Mitte auf lokaler Ebene eine Crowdfunding-Plattform, die gemeinnützige Vereine und Organisationen bei ihren Finanzierungsvorhaben unterstützen will. „Das Motto unserer P1attform lautet dabei: ‚Viele schaffen mehr‘, ganz im Sinne der genossenschaftlichen Grundidee unserer Bank“, erklärt Dr. Peter Bottermann, Vorstandssprecher der Volksbank Ruhr Mitte.
Die Besonderheit bei dieser Plattform: Für jede Spende ab fünf Euro legt die Volksbank Ruhr Mitte mit Hauptsitz in Buer noch zehn Euro Spenden obendrauf. „Und wir übemehmen die bürokratischen Abläufe, sobald das Geld auf das Konto in unserem Hause eingezahlt wird. Hier wird anonymisiert gespeichert, wer wann wie viel gespendet hat, damit die Rückabwicklung auf das entsprechende Konto ohne Probleme verlaufen kann“. sagt Wilhelm Uhlenbruch, der die Marketingabteilung der Volksbank leitet.
„Seit Oktober konnten über diese Crowdfunding-Plattform bereits sechs lokale Vorhaben finanziert werden, insgesamt kamen dabei bereits 15.147,85 Euro zusammen“, so Uhlenbruch. Der Stolz kling in seiner Stimme durch. Dabei betraten die Volksbänker mit dieser Plattform im Oktober Neuland. „Es war gar nicht so einfach, das System zu verstehen“, gibt Wilhelm Uhlenbruch zu. Doch schon bald gab es erste Bewerber: Der „Kulturpott Ruhr“ sammelte 5072 Euro, um eine Stelle zu finanzieren (die WAZ berichtete), die Jugendabteiiung der katholischen Kirchengemeinde St. Antonius warb für einen aufblasbaren Erdball und erhielt 1049 Euro dafür, die Pfadfinder des Stammes Wulfila konnten mit 1596 Euro ihr Igelhotel ausbauen, die „Raupenkinder“ des Kindergartens Pusteblume können jetzt mit einem „Flohtaxi“ umherkutschiert werden, für das 1921 Euro zusammenkamen, die 40-köpfige Gospelchor St. Barbara kann 4115 Euro einsetzen, um eigene Songs auf CD zu bannen und die Kinder des Gladbecker Albert-Schweitzer Kindergartens können sich über ein neues Klettergerüst freuen, für das 1010 Euro zusammen kamen. Derzeit sammelt der SV Horst-Emscher 08 Geld, um die Mädchenmannschaften (U15 / U17) und die Damenmannschaft mit Fußbällen und Leibchen auszustatten.
Eigenwerbung ist erforderlich
Nicht jedes Crowdfunding-Projekt ist ein Selbstläufer
Die Bereitstellung der Crowdfunding-Plattform ist allerdings zeitlich begrenzt. „In der Regel wird drei Monate lang gesammelt“, sagt Wilhelm Uhlenbruch. Und erklärt: „Allerdings ist so ein Spendenaufruf auf unserer Plattform noch längst kein Selbstläufer. Die Vereine und Initiativen müssen sich selber um die Werbung für ihre Proiekte kümmern.“
So können Fotos und Image-Filmchen auf der Internetseite hochgeladen werden; „Wir haben aber auch die Erfahrung gemacht, dass man die Leute erst einmal dazu bekommen muss, auf die Crowdfunding-Seite zu gehen“, blickt Brigitta Blömeke, die erste Vorsitzende von Kulturpott Ruhr, auf ihre Erfahrungen zurück: „Dabei hat sich schnell gezeigt, dass man mit einem Aufruf in den Sozialen Medien zwar jede Menge Leute erreichen kann, aber nicht unbedingt jeder, der das Projekt ‚liked‘, spendet nachher auch. Der direkte Kontakt zu potenziellen Spendern hat da sehr viel mehr gebracht.“
Und so gibt es auch Projekte, die nicht genug Spender finden: Die Idee, eine „Friedensbank“ an der Pfefferackerschule als Ort der Begegnung für Jung und Alt aufzustellen, hatte zwar auf der Online-Plattform 47 Fans, aber nur 15 zahlende Unterstützer. So kamen mit 320 Euro nur 21 Prozent der gewünschten Summe zusammen. Immerhin: Für die Crowdfunding-Plattform fallen keine Gebühren an. „Wer mag, kann sich bei uns ganz unverbindlich über diese Art des Spendensammelns informieren“, so Wilhelm Uhlenbruch.
Der Gospelchor St. Barbara Gospel bei seinem Jubiläumskonzert Für den Erler Gospelchor von 5t. Barbara geht dank der virtuellen Spendensammelaktion der Traum von der eigenen neuen CD in Erfüllung. FOTO: MARTIN MÖLLER
Der Pfadfinderstamm Wulfila kann dank „Crowdfunding“ sein Igelhotel für die kleinen Schützlinge ausbauen. FOTO, SEBASTIAN KONOPKA